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Selbstreflexion und Larp

Was hat Selbstreflexion mit LARP zu tun? Dazu folgendes Beispiel:

 

Auf einem Zombi-Apokalypse-Con gelang es einem NSC, Tryck zu beißen. Nachdem der NSC erschlagen war, stand dieser im OT auf und sagte zu Tryck: “Yeah, du bist mein erster Kill”.

 

Mit einem Quäntchen Selbstreflexion wäre dem NSC in den Sinn gekommen, dass unser Spiel da anfängt, wo seines aufhört - und er die Szene gerade sabotiert. Für uns wäre der Con ein besseres Erlebnis gewesen, wenn wir diesem NSC nicht begegnet wären.

 

Selbstreflexion ist die Fähigkeit über sich selber nach zu denken, sein denken und fühlen zu prüfen sowie die Wirkung auf Dritte zu bewerten.

 

Der Paladin-Attentäter der sich mit seinem Schwert der Morgendämmerung (+3 Direkt) und dem Armband der Peraine (2x Körperheilung) sowie seiner Rüstung aus Mithril (mehr Rüstungsschutz, als du dir vorstellen kannst), durch die Reihen der NSC schlachtet, kann sich wahrscheinlich diesen Blog sparen. Oder wäre der Blog gerade für diesen Teilnehmer etwas?

 

Erstes Prinzip: vor allem, wenn dieser Blog nichts für dich ist, solltest du ihn lesen.

 

Ein Piraten-Con im Oktober dieses Jahres. Am Ende erhielt eine NSC Gruppe von der SL das Feedback, dass nicht alles Gold ist, was glänzt und dass sich manche SC negativ über diese Gruppe geäußert hätten. Eine normale Reaktion wäre gewesen, sich selber zu hinterfragen:

 

Ist Situation:

Woran hat sich mein Gegenüber gestört, was habe ich gemacht?

 

Ziel Situation:

Wie hätte er es sich gewünscht, wie sollte ich es machen?

 

Bewertung:

Was lerne ich daraus?

 

 

Die NSC Gruppe übersprang dagegen diese Fragen. Schnell wurde die Ansicht entwickelt, dass die Kritik ignoriert werden kann. Die eigene Darstellung sei so gut gewesen, dass andere dagegen verblassen würden. Mehr oder weniger neidisch würden diese per se rummäkeln.

 

Das klingt krude und ist es auch. Da sich dergleichen immer mal wieder beobachten lässt, kann ohne weiteres das nächste Prinzip formuliert werden.

 

Zweites Prinzip: wenn dich jemand kritisiert, weil du nach deiner Meinung zu gut bist, bist du es nicht. Arbeite an deiner Selbstreflexion.*

 

* einverstanden, der zweite Satz ist kein Prinzip, aber da sich das eigentlich jeder und immer zu Herzen nehmen sollte, gehört es vielleicht doch dazu. Immer. Ähnlich zu der Aussage von Cato: “Im Übrigen bin ich der Meinung, dass Karthago zerstört werden sollte”.

 

Mit Tollgund wollen wir etwas Neues erschaffen. Dazu passt das Motto: Immersion und Emotion. Damit das klappt, gibt es Regeln, aber auch Werte. Zu den Werten von Tollgund zählen wir, dass jeder Teilnehmer:

 

       besondere Erfahrung macht

       Tollgund bereichert

       sich weiterentwickelt

       besser wird ohne perfekt zu sein

 

Ohne Selbstreflexion wird das sehr sehr schwer.

 

Jeder kann besondere Erfahrung machen. Dazu gehört nicht viel. Ohne Fallschirm aus einem Flugzeug zu springen, ist so eine besondere Erfahrung, aber nicht wirklich erstrebenswert. Selbstreflexion funktioniert wie ein Fallschirm. Sie sorgt dafür, dass wir die Gelegenheit erhalten, aus der gemachten Erfahrung zu lernen.

 

Wie sollte man sich ohne Feedback und ohne Selbstreflexion weiter entwickeln können? Durch pures Glück? Für Kinder übernehmen Eltern dieses. Wenn ein Kind häufig die Katze

 

ärgert, wird diese das Kind meiden. Darauf wird das Kind traurig. Hier springen die Eltern ein und sagen (in dieser oder ähnlicher Form): Das ist dein Fehler. Was hast du denn gedacht, was passiert, wenn du sie ärgerst? Ändere dein Verhalten, wenn du nicht mehr traurig sein möchtest.

 

Selbstreflexion setzt an dem einzigen Punkt an, den man ändern kann, sich selber. Das ist das nächste Prinzip.

 

Drittes Prinzip: Wenn du enttäuscht wirst, arbeite an dir selber oder ändere deine Erwartung.

 

Wieso wenden wir alle keine Selbstreflexion an?

 

Eine Selbstreflexion bedeutet sich selber kritisch zu hinterfragen. Dazu gehört die Fähigkeit, sich einzugestehen, Dinge auch falsch gemacht zu haben, bzw. beim nächsten Mal besser zu machen.

 

Jeder Mensch hat bestimmte Grundbedürfnisse. Davon sind für das nächste Beispiel relevant: Lustmaximierung und Selbstwerterhöhung.

 

Eine Selbstreflexion widerspricht zwei davon, zumindest kurzfristig. Einmal ist es der Selbstwerterhöhung abträglich, sich einzugestehen, dass man etwas falsch gemacht hat. Zum andern macht man Dinge nicht falsch, weil man gerne etwas falsch macht. Es gefällt einem, wie man es gemacht hat (Lustmaximierung), auch wenn es falsch war. Bei funktionierender Selbstreflexion würde man erkennen, es so nicht mehr machen zu können.

 

Langfristig sorgt aber Selbstreflexion dafür, dass obige Bedürfnisse häufiger und beständiger erfüllt werden. Unser Wirken auf die Umwelt korrigiert sich in vielen kleinen Schritten.  Und wenn man damit am Anfang Schwierigkeiten hat? Wofür hat man Freunde, die man aktiv um Rückmeldung bitten kann.

 

Arne