Der Dunkelsplitterraum

Du kannst dir die Geschichte auch anhören.

 

Tarik war klein, da er noch ein Kind war, aber seine Neugier war so groß wie die eines Gelehrten. Er versteckte sich gerne unter einem Fell, wenn die Männer und Frauen der Wache sich nachts am Feuer trafen und lauschte ihren Gesprächen. Er wagte nicht, unter dem Fell hervorzuschauen, da sie ihn dann entdecken konnten. Er hörte nur das, was sie sprachen. Und letzte Nacht war Unruhe und Sorge in ihren Stimmen ...

 

„Ich sage euch, es bewegt sich. Erst langsam ... und dann ganz plötzlich. Jetzt hat es sich zwischen den Friedhof und die Stadt gedrängt. Bei Belisar, es will in unsere Stadt, sage ich euch!“

„Nein! Das kann es nicht! Aber in einem Punkt hast du Recht, es bewegt sich. Und es presst das Land aus, das es in Besitz nimmt, und saugt das Leben aus ihm heraus, deshalb auch der weiße Dampf.“

„Da habe ich etwas anderes gehört. Das ist kein Dampf. Es ist der faulige Atem dieses Irrgartens aus Dunkelheit, Hass und Spiegeln. Es ist wie ein eigenes Wesen ... ein Raubtier. Und es stößt seinen Pestatem aus, um uns zu schwächen und zu blenden, damit seine Monster sich ungehindert an uns heranschleichen können, wenn wir es durchqueren.“

„Das ist wahr! ... Sie kommen häufig aus dem Rauch, diese Bestien.“

„Wir haben keine Wahl. Wir müssen das Dunkelsplitterfeld durchqueren, wenn wir zum Wald oder zum Friedhof wollen ... Wisst Ihr noch, wie Folgar zu lange in diesem Rauch steckte? Und wie wir ihn zuckend mit blutenden Augen aus den Gängen herausziehen mussten?“

„Es ist ein großes Unglück! Er spricht nicht mehr seitdem.“

...

„Freunde, ich bin heute bei der weißäugigen Sythia gewesen, bevor sie uns verlassen hat. Sie hat mir gesagt, dass sie die Geister spüren kann, wie sie die Erde verlassen. Das ist der Grund für den weißen Rauch. Die Geister kommen wieder hervor. Und sie suchen sich Körper, mit denen sie ihr Werk verrichten wollen. Sie zischen, wenn sie jemanden wittern. Dann hüllen sie ihn ein.“

„Das hat Sythia gesagt? Das hat sie gesehen? Das ist blanker Unsinn!“

„Ist es nicht. Sie sieht mehr als andere.“

„Sie ist BLIND!“

„Schluss mit dem Gerede! Sythia tut gut daran, uns zu verlassen, wenn sie nicht als Hexe angesehen werden will. Ich will nichts mehr hören von Geistern! Ob es wahr ist oder nicht! Wir haben eine Aufgabe, nämlich Wache zu halten. Es gibt andere in der Stadt, die gebildeter sind als wir. Sie mögen ergründen, was in diesem verfluchten Feld vor sich geht. Früher oder später wird es sich offenbaren.“

„Aber wir ...“

„Still! Kein Wort mehr!“

Tarik merkte, dass er zitterte. Es war also wahr. Der weiße Rauch war mehr als nur Nebel. Aber was ihn noch mehr erschreckte, war, dass auch die tapferen Männer und Frauen der Stadtwache sich vor dem Rauch fürchteten. Reisten die Monster darin? Waren Geister in ihm? Was war, wenn sich der Rauch erst in der Stadt zeigen würde?

Er beschloss, heute Nacht am Feuer zu bleiben, auch wenn sie ihn unter dem Fell finden würden.

 

geschrieben von Chris (unsere Orte Orga)