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Die Legende der Kykna

Wenn Du Dich in Tollgund in das Stadtviertel Croga gesellst, bist Du in den allermeisten Fällen ein gern gesehener Gast und man bittet Dich herzlich an die Tafel oder ans gemeinsame Feuer. Man bietet Dir etwas zu essen und zu trinken an und nicht selten werden dort Geschichten erzählt, die die Croga in der Nacht des Mutes im Wald erlebt haben. Diese Geschichten werden, je weiter sie zukückliegen immer großartiger, denn an Fantasie mangelt es keinem Croga und mitunter mag für Dich der Eindruck entstehen, dass Croga ein Viertel voller Helden ist …

 

Doch die älteste der Geschichten bleibt, solange der Nebel des Vergessens es zulässt immer die gleiche und den Fjelva sei Dank, ein Croga hat sich bis jetzt noch immer an sie erinnert. Es ist eine Geschichte der Hoffnung und des Mutes.

 

Sie handelt von den Taten des Meglian Salz, der von den Croga als der erste Pa bezeichnet wird. Vor aller Zeit war in Silurien die Sklaverei noch weit verbreitet und Kriege tobten im ganzen Land. Die Zeltstadt Tollgund war für viele Leibeigene und Sklaven nicht mehr als ein Traum, eine wundervolle Legende. Ob es diese überhaupt Stadt gab, in der der Menschenhandel und die Sklaverei nicht geduldet war, das mochte so mancher der Geknechteten nicht glauben.

 

Meglian war einer dieser Geknechteten und fristete sein Leben bei einem unbarmherzigen, brutalen Herrn, was ihn dazu verleitete, den einzigen Sinn seines Lebens darin zu sehen, die Tage zu zählen, bis dasselbe ein unwürdiges Ende nahm. Doch eines Tages veränderte sich alles. Eines Nachts träumte Meglian in Tollgund anzukommen. Durch einen dichten, unheimlichen Wald kam er in die Stadt und man hieß ihn an einem Feuer willkommen, das rot leuchtete wie ein Rubin. Im diesem Traum durchströmte Meglian ein unbändiges Gefühl der Freiheit. Meglian erwachte, doch das Gefühl der Freiheit, der feste Glaube an Tollgund und der unbändige Wille, diese Stadt zu erreichen, blieb in ihm.

 

Kurz darauf wurde das Anwesen seines Herren angegriffen und niedergebrannt. Wieder ein rubinrotes Feuer in der gleichen Farbe wie die Feuer aus Tollgund in seinem Traum. Meglian verstand das Zeichen ergriff die Chance im Chaos des Angriffs zu fliehen. Drei weitere Sklaven, der junge Tuan, die schöne Tiana und der starke Sam folgten ihm.

Die Kunde von der Flucht verbreitete sich schnell und so kam es, dass Meglian nicht auf direktem Wege nach Tollgund reiste, sondern noch sieben weitere Leibeigene aus der Gefangenschaft befreite. Meglian führte die Flüchtigen sicher durch die Wälder Siluriens bis kurz vor die Tore Tollgunds. Während der Reise entspann sie zwischen Meglian und Tiana eine tiefe Freundschaft und als Zeichen seiner Zuneigung schenkte Meglian Tiana sein braunes Halstuch.

Doch kurz vor dem Ziel, am Rand eines dichten Waldes, wurde Meglian von seinem Herren und einer übermächtigen Gruppe schwarz-blauer Landsknechte eingeholt. Der Herr tobte, da Meglian ihm seine stärksten Sklaven und seine liebste Sklavin gestohlen hatte.

 

Es kam zum Kampf und die Flüchtigen kämpften tapfer, denn sie wären lieber tot als wieder in Knechtschaft. Meglian tötete mehrere Landknechte und der Kampf dauerte bis spät in der Nacht. Im Schein des Vollmondes standen schließlich nur noch Meglian und sein Herr sich gegenüber. Es war ein erbitterter Kampf, indem Meglian schließlich vom Schwert seines Herren durchbohrt wurde. Doch anstatt zu Boden zu sinken und seine 10 Schützlinge dem erneuten Schicksal der Knechtschaft zu überlassen, erhob sich Meglian, zog das Schwert auf seinem Körper und trennte damit dem Tyrannen den Kopf von seinem Leib ab.

 

Dann sank er auf die Knie und brachte seine letzten Worte hervor: „Ich möchte in den roten Feuern Tollgunds sterben!“

 

Schließlich brach er leblos zusammen. Die anderen berieten sich und man entschied, den Weg nach Tollgund am nächsten Morgen fortzusetzen. Dort wollte man Meglians letzten Wunsch erfüllen und seine sterbliche Übereste in Tollgund in einem roten Feuer verbrennen.

 

Doch als die Gruppe der Flüchtigen am nächsten Morgen die letzten Schritte ihrer Reise ein die Freiheit tun wollten, waren Meglians sterbliche Überreste spurlos verschwunden. Bis heute hat diese niemand wieder gesehen.

 

Ratlos machte sich die Gruppe ohne Meglians Überreste auf nach Tollgund wurde dort herzlich aufgenommen. Auch andere Sklaven hatten sich aus den Ketten der Knechtsschaft befreit und waren in den letzten Tagen in Tollgund angereist. Alle diese Flüchtigen hatten eines gemeinsam: Meglian Salz hatte ihnen den Mut und die Zuversicht gegeben, für ihre Freiheit zu kämpfen und nach Tollgund zu ziehen.

Man beschloss, statt Meglian symbolisch eine menschengroße Strohpuppe zu erstellen und diese statt seiner in den roten Feuern Tollgunds zu verbrennen, wie es sein letzte Wunsch gewesen war. Bevor die Zeremonie begann, band Tiana der Strohpuppe Meglians braunes Tuch um den Hals, dass inzwischen gespickt war von Tianas Tränen um Meglian. Es wurde ein großes, blutrotes Feuer, das dem großen Befreier Meglian würdig war.

 

Doch Tiana, Tuan und Sam überfielen während der Zeremonie düstere Gedanken. Tuan sorgte sich darum, dass es zwischen den Geflüchteten Zwietracht geben könnte, Sam sorgte sich darum, dass er bald wieder hungern musste und Tiana ängstigte sich, ohne Meglian für den Rest ihres Lebens einsam zu sein. Alle drei starrten in das Feuer, in dem die Strohpuppe verbrannte, übermannt von ihren Sorgen.

 

Doch am nächsten Morgen versammelten sich alle Flüchtigen an der Feuerstelle, Tollgunds Bürger brachten ihnen Brot und Wein und man aß und trank gemeinsam und ein kleines Mädchen, das bei der Flucht seine Familie verloren hatte, saß neben Tiana und schmiegte sich an sie. Tiana strich ihr sanft durch die Haare und flüsterte. „Wir sind jetzt deine Familie.“

Die Sorgen der Drei waren wie weggeblasen. Tiana, Tuan und Sam erzählten den anderen davon und so entstand im alsbald gegründeten Viertel Croga der Brauch, bei Sorgen eine Puppe aus Stroh, die Kykna, im Gedenken an diese lang vergangenen Ereignisse im Feuer zu verbrennen, wenn man eine Sorge hat. Und bisher war es noch niemals so, dass die Sorge daraufhin noch lang geblieben ist.

 

Doch sei auf der Hut, Kyknas funktionieren nur, wenn sie aus Croga und echt sind, den böse Zungen behaupten, dass es Fälschungen gibt, aus den Slums, die die Sorgen sogar noch verstärken sollen, statt sie zu lösen.


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